Vorwort – Teil 2
Unglücklicherweise gibt es kaum Aufzeichnungen von diesen frühen Gesprächen außer den wenigen Notizen, die einige von uns aufbewahrt haben, die damals um ihn versammelt waren.
Die ganzen fünfziger Jahre hindurch – genauer gesagt jedes Jahr – besuchte Krishnaji Indien und den Westen. Als er in den frühen Sechzigern aus dem Westen zurückkehrte, war er beeindruckt von den Umwälzungen in Wissenschaft und Technik und von der ungebändigten Energie, die freigesetzt wurde. Diese mussten das menschliche Bewusstsein unweigerlich verändern und zu brisanten Zwängen für die Menschheit führen. Mit dem Auge eines Sehers warf er einen Blick auf die vor uns liegenden Jahrhunderte und erkannte, mit welch rasender Geschwindigkeit sich die Welt durch die Entschlüsselung der Geheimnisse der Natur und die Entwicklung von Fähigkeiten, das Entdeckte zu handhaben und zu nutzen, verändern würde. Er hatte Hinweise auf eine intensive Suche nach künstlicher Intelligenz, die bestimmte menschliche Fähigkeiten überflüssig machen würde.
Die Gespräche bekamen ein neues Gewicht, eine neue Dichte. Die in die Feinheiten gehende Art des Forschens veränderte die Wahrnehmungsprozesse. Jede Zelle in Krishnajis Gehirn schien wach zu sein. Jeder Bewegung, jedes Geräuschs im Inneren und Äußeren bewusst, ergründete er eingehend das wissenschaftliche und das religiöse Bewusstsein – die beiden einzigen Ausdrucksformen des Geistes, die in den kommenden Jahrhunderten überleben können.
»Es ist etwas Neues im Gange, etwas, dessen wir uns nicht bewusst sind«, sagte er. »Wir sind uns der Bedeutung, der Richtung, der Dynamik der Veränderung nicht bewusst. Es gibt keine Zeit.«
Der wissenschaftliche Geist mit seiner Logik, seiner Präzision, seinem Forschen untersucht die äußere Welt, die Natur, aber das führt zu keinem inneren Verstehen. Inneres Verstehen dagegen bewirkt ein Verstehen der äußeren Vorgänge. Wir sind das Produkt äußerer Einflüsse. Der wissenschaftliche Geist ist in seinem Untersuchen klar und präzise. Aber er ist kein mitfühlender Geist, denn er hat sich selbst nicht verstanden.
Bombay, 8. März 1961
Der religiöse Geist ist in der Lage, präzise zu denken, aber nicht im Sinne von positiv und negativ. Deshalb kann er dem wissenschaftlichen Geist in sich Raum bieten. Der wissenschaftliche Geist dagegen enthält nicht den religiösen Geist, denn er stützt sich auf Zeit und Wissen und ist in Leistung und Erfolg verwurzelt. Der religiöse Geist ist der wahrhaft revolutionäre Geist. Er ist keine Reaktion auf das, was war. Der religiöse Geist ist die einzige Form des Geistes, die auf die gegenwärtige Herausforderung in vollem Umfang eingehen kann – genauso wie auf alle anderen Herausforderungen zu jeder Zeit.
Bombay, 1. März 1961
Seine Gespräche hatten etwas Leidenschaftliches, Dringliches. Er forderte eine Umwandlung im menschlichen Bewusstsein, damit die Automatisierung und die Erzeugnisse der Technik nicht die unmenschliche Rolle eines Herrschers [über die Menschheit] werden annehmen können. Aus diesem Grund konnte das Erforschen des Inneren nicht länger vernachlässigt werden. Für den wissenschaftlichen Geist war dies aber ein bisher noch unerforschter Bereich. Es mangelte den Menschen an der Erkenntnis, dass der [menschliche] Geist die Ursache der problemerzeugenden Maschinerie ist. Doch genau in diesem Wahrnehmungsbereich liegt die endgültige Freiheit.
»Was notwendig ist«
, sagte Krishnaji, »ist ein neuer Geist, der als Ganzheit tätig ist. Während der wissenschaftliche Geist diszipliniert ist, explodiert der religiöse Geist ohne Disziplin. Selbsterkennen ist unabdingbar, denn nur ein Geist, der sich selbst erkennt, vergeht und gestattet dem neuen Geist, sich zu zeigen.«
»Die Umwandlung des menschlichen Geistes findet nicht im Äußeren, sondern in den Tiefen des Bewusstseins statt«
, in jenen dunklen Höhlen und Schluchten des Gehirns, wo der Urgrund, das Alte und das Unterdrückte schlummern. Mit großer Eindringlichkeit fragte er: „Kann man mit Augen und Ohren leben, die die ganze Vergangenheit in sich tragen, das Gestern und die vergangenen Jahrmillionen, den gerade vergangenen Augenblick und den Urgrund? Das ist Umwandlung; das ist wahre Revolution.«
Krishnaji erforschte seinen eigenen Geist, drang immer tiefer ins Bewusstsein ein und betrat die Dunkelheit und das Unbekannte. »Ich sehe«
, sagte er, »dass das Eintauchen in mein Inneres dieselbe Bewegung ist wie das Vordringen in den Weltraum – sowie Energie eindringt, gewinnt die Bewegung an Schwung.«