Intelligenz, Computer und der mechanische Geist – Teil 4
RS: Ich kenne diese Forschungsprojekte. Ich betrachte das ebenfalls als Fantasien, weil ich glaube, dass das Ganze auf falschen Grundannahmen über das Wesen des Gehirns und über das Wesen des Lebens beruht. Aber das schweift vom eigentlichen Thema ab. Ich würde lieber darauf zurückkommen, dass im Hinblick auf die Entwicklung besserer und leistungsfähigerer Computer, die möglicherweise einige Fähigkeiten des Menschen übertreffen, immer noch menschliches Tun beteiligt ist. Man kann es Denken nennen oder was immer man will. Diese Computer sind das Produkt menschlichen Tuns. Zweifellos übertreffen viele Dinge, die der Mensch herstellt, menschliche Fähigkeiten, aber es gibt da auch eine Grenze. Maschinen können viele Dinge tun, die dem Menschen nicht möglich sind. Dennoch sind sie Erzeugnisse von Menschen, und ich halte es für absolut unwahrscheinlich, dass diese Maschinen den Menschen [insgesamt] überflügeln können. Aber sie können bestimmte Fähigkeiten des Menschen übertreffen.
AC: Worin können sie ihn nicht übertreffen?
RS: Sie haben ihn noch nicht in der Fähigkeit übertroffen, die fünfte Generation von Computern zu entwickeln.
AC: Ja. Aber ohne Computer sind die Japaner dazu nicht in der Lage. Die Japaner tun es gemeinsam mit den Computern. Und wenn man es einmal vergleicht, dann wird vielleicht zwanzig Prozent der Leistung von Menschen und achtzig Prozent von Computern erbracht.
RS: Nun, alles, was wir in unserer modernen Welt tun, wird mit Hilfe von Maschinen getan.
AC: Was kann das menschliche Gehirn deiner Meinung nach, was die Maschinen innerhalb der nächsten fünfundzwanzig oder fünfzig Jahre nicht auch können?
RS: Nun, damit kommen wir zu einem besonderen Thema – zur Kreativität. Nehmen wir zunächst eine weniger umfangreiche Sache – den Humor. Das Bemerkenswerteste ist doch, dass die meisten von uns sich nicht wie langweilige Rechenmaschinen verhalten. Die meisten Menschen gehen mit einem gewissen Sinn für Humor durchs Leben. Man kann sehen, wie die Leute über alle möglichen und unmöglichen Dinge lachen. Ich habe noch nie einen Computer lachen sehen.
AC: Wenn Sie einen Computer lachen hörten, würden Sie dann akzeptieren, dass er das kann, was Menschen können?
RS: Nein. Einen Kassettenrecorder kann man auch Lachen hören.
AC: Was würde Sie überzeugen?
RS: Gar nichts.
AC: Sie haben sich eine Meinung gebildet.
RS: Ich bin voreingenommen.
AC: Warum sind Sie voreingenommen? Wenn Sie ein Neugeborenes sehen, werden Sie sagen, dass es, wenn es heranwächst, eine Menge Dinge tun kann, zu denen ein Computer nicht fähig ist. Aber wenn eine Gruppe von Leuten einen neuartigen Computer entwickelt, werden Sie von vornherein sagen, dass ein Computer niemals können wird, was das Baby kann. Warum? Was in diesem Kind beeinflusst Sie zu seinen Gunsten?
RS: Wissen Sie, es gibt eine Menge Dinge, die wir unmittelbar erkennen und verstehen, ohne alles in eigens eingerichtete Erkennungsprogramme einzuordnen. Ich kann viele verschiedene Blumen, Bäume und Tiere erkennen. Wenn ich sagen sollte, wie ich sie erkenne, was sie mich erkennen lässt, würde es mir sehr schwer fallen, das zu beantworten. Ich glaube, Ihnen würde das auch schwer fallen.
K: Aber wenn Sie etwas erkennen, beruht dies auf dem Gedächtnis.
AC: Zur Zeit wird an einer Mustererkennung gearbeitet. Heute wird ungeheuer viel auf diesem Gebiet geforscht. Computer fangen an, manche Dinge optisch zu erkennen.
RS: Aber es gibt eine Form der Intuition …
AC: Was ist Intuition?
RS: Es ist bekanntermaßen schwierig zu erklären, was Intuition ist.
AC: Es ist nur ein Wort. Solange man nicht weiß, was es bedeutet, kann man das Wort nicht benutzen.
RS: Doch. Man muss die Bedeutung eines Wortes nicht mathematisch genau mit Formeln erklären können.
AC: Erklären Sie es mit Worten. Was ist Intuition?
RS: Intuition bedeutet, mehr zu erfassen, mehr zu sehen. Intuition ist Einsicht oder Erkennen. Sie setzt eine unmittelbare Form des Wissens voraus, die nicht erst einen Prozess aus Worten, Denken und Handeln durchlaufen muss.
AC: Woher wissen Sie, dass nicht zuvor ein Prozess aus Worten und Denken stattgefunden hat? Der könnte in Ihrem Unterbewusstsein abgelaufen sein. Das Gehirn hat daran gearbeitet, und plötzlich taucht das Erkennen unvermittelt auf, und Sie nennen das dann Intuition. Das muss nicht heißen, dass zuvor kein Denkprozess stattgefunden hat.
RS: Vielleicht haben solche Prozesse stattgefunden. Wenn Sie bei allem, was ich sage, behaupten wollen, dass verborgene Prozesse …
AC: Ich behaupte nichts.
RS: Doch, das tun Sie.
PJ: Der wesentliche Punkt scheint doch zu sein, dass Asit recht hat, sollte das Gehirn nichts anderes als ein geschlossenes System aus Schaltkreisen sein. Doch dann kommt das ›Aber‹, weil man fragen muss: Ist das Gehirn [wirklich] ein geschlossenes System aus Schaltkreisen? Oder kann die Leistungsfähigkeit des Gehirns so erweitert werden, dass es kein Mechanismus mehr ist?
RS: Das Problem ist, dass die Beantwortung dieser Fragen sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Ich habe meine eigene Theorie über biologische Vorgänge, welche die meisten dieser Grundannahmen verneint. Die herkömmliche Theorie der Biologie einschließlich der herkömmlichen Theorie über die Beschaffenheit des Gehirns gehen von der Annahme aus, dass innerhalb des Organismus einfache mechanische, chemische oder physikalische Prozesse ablaufen. Neunundneunzig Prozent der Biologie basieren auf diesen Annahmen, und deshalb beruht die Sprache, die wir hier benutzen, auf dieser Art des Denkens.