Was ist Sinn und Zweck von Erziehung und Bildung? – Teil 1

Habt ihr jemals darüber nachgedacht, warum ihr unterrichtet werdet, warum ihr Geschichte, Mathematik, Erdkunde und alles mögliche andere lernt? Habt ihr euch je Gedanken darüber gemacht, warum ihr Schulen und Universitäten besucht? Ist es nicht sehr wichtig, herauszufinden, warum ihr mit Informationen, mit Wissen voll gestopft werdet? Was hat es mit dieser so genannten Bildung auf sich? Eure Eltern schicken euch vielleicht hierher, weil sie selbst bestimmte Examen abgelegt und Titel erworben haben. Habt ihr euch aber je gefragt, warum ihr hier seid, und haben euch die Lehrer gefragt, warum ihr hier seid? Wissen die Lehrer, warum sie hier sind? Solltet ihr nicht herauszufinden versuchen, wozu diese ganze Mühe gut ist – dieser Kampf, zu lernen, Prüfungen zu bestehen, fern von euren Elternhäusern zu leben und keine Angst zu haben, eine sportliche Leistung zu erbringen und so weiter? Sollten euch eure Lehrer nicht helfen, all diese Fragen zu klären, anstatt euch nur auf verschiedene Prüfungen vorzubereiten?

Jungen legen Prüfungen ab, weil sie wissen, dass sie einmal einen Job finden müssen, dass sie den Lebensunterhalt verdienen müssen. Warum legen Mädchen Prüfungen ab? Um gebildet zu sein, damit sie einen besseren Ehemann abbekommen. Lacht nicht – denkt nur einmal darüber nach. Schicken euch eure Eltern ins Internat, weil ihr zu Hause lästig seid? Werdet ihr den ganzen Sinn des Lebens erfassen, weil ihr Prüfungen bestanden habt? Manche Leute sind sehr schlau, wenn es darum geht, eine Prüfung zu bestehen, aber das bedeutet nicht unbedingt, dass sie intelligent sind. Andere, die diese Prüfungen nicht bestehen, sind vielleicht viel intelligenter. Sie sind vielleicht geschickter mit ihren Händen und denken viel intensiver über das Leben nach als diejenigen, die sich nur mit Wissen voll stopfen, um ihre Prüfungen zu bestehen.

Viele Jungen lernen nur, um einen Job zu bekommen, das ist ihr einziges Ziel im Leben. Aber wie geht es weiter, wenn sie den Job haben? Sie heiraten, gründen eine Familie – und stecken für den Rest ihres Lebens in der Tretmühle, nicht wahr? Sie werden Beamte oder Rechtsanwälte oder Polizisten. Sie haben täglich Auseinandersetzungen mit ihrer Frau und ihren Kindern; ihr Leben ist ein einziger Kampf, bis sie sterben.

Und was geschieht mit euch Mädchen? Ihr heiratet. Das ist euer Ziel, und eure Eltern sind ebenfalls daran interessiert, euch zu verheiraten. Und dann bekommt ihr Kinder. Falls ihr ein bisschen Geld zur Verfügung habt, dreht sich euer Denken um eure Kleidung und euer Aussehen; ihr macht euch Sorgen über die Streitigkeiten mit eurem Ehemann und darüber, »was die Leute sagen«.

Ist euch all das bewusst? Könnt ihr es nicht in eurer Familie oder in der Nachbarschaft beobachten? Habt ihr nicht bemerkt, dass das immer so weiter geht? Müsst ihr nicht herausfinden, was der Sinn und Zweck von Erziehung und Bildung ist, warum ihr ausgebildet werden wollt, warum eure Eltern wollen, dass ihr ausgebildet werdet, warum die Erwachsenen hochtrabende Reden darüber halten, was Bildung in der Welt bewirken soll? Vielleicht könnt ihr Bernard Shaws Stücke lesen oder Shakespeare, Voltaire oder einen der neuen Philosophen zitieren, aber was nützt euch diese Bildung, wenn ihr keine Intelligenz besitzt, wenn ihr nicht kreativ seid?

Ist es also nicht sowohl für die Lehrer als auch für die Schüler wichtig, herauszufinden, was es heißt, intelligent zu sein? Bildung bedeutet nicht nur, dass man lesen kann und Prüfungen besteht. Das kann jeder schlaue Kopf. Bildung muss doch der Entwicklung der Intelligenz dienen, oder nicht? Mit Intelligenz meine ich nicht Gerissenheit, ich meine damit nicht den Versuch, andere durch Raffinesse auszustechen. Intelligenz ist mit Sicherheit etwas ganz anderes. Intelligenz zeigt sich beispielsweise darin, dass man keine Angst hat. Und wann hat man Angst? Angst stellt sich ein, wenn ihr daran denkt, was die Leute über euch sagen könnten, oder was eure Eltern sagen könnten. Ihr habt Angst, kritisiert zu werden, bestraft zu werden, bei einer Prüfung durchzufallen.

Wenn der Lehrer euch tadelt oder wenn ihr in eurer Klasse, in der Schule oder in eurem Umfeld nicht beliebt seid, schleicht sich allmählich Angst ein.

Angst ist ganz offensichtlich eines der Hindernisse für Intelligenz, oder etwa nicht? Und der eigentliche Sinn der Bildung besteht doch darin, dem Schüler – mir und euch – zu helfen, sich der Ursachen der Angst bewusst zu werden und sie zu verstehen, so dass er von klein auf angstfrei leben kann.