Gedankenkontrolle – Teil 1

Wie langsam oder schnell man auch fuhr, immer gab es Staub, der fein und durchdringend in das Auto einströmte. Obgleich es noch früh am Morgen war und die Sonne erst in ein bis zwei Stunden aufgehen würde, herrschte bereits eine trockene, scharfe Hitze, die an sich nicht so unangenehm war. Selbst zu dieser Stunde fuhren Ochsenkarren auf der Straße. Die Treiber schliefen meist, aber die Ochsen hielten sich an die Straße und trotteten langsam nach Hause in ihre Dörfer. Manchmal kamen zwei oder drei Karren, manchmal auch zehn, und einmal waren es fünfundzwanzig in einer langen Reihe; alle Treiber schliefen fest, und nur auf dem Leitkarren brannte eine einzige Öllampe. Unser Auto musste von der Straße herunter, um an ihnen vorbeizukommen, und wirbelte dabei große Staubwolken auf, aber die Ochsen wichen nie vom Wege ab, während ihre Glocken zusammen im Rhythmus erklangen.

Nach einer Stunde steter Fahrt war es immer noch ziemlich dunkel. Die Bäume sahen düster, geheimnisvoll und in sich zurückgezogen aus. Jetzt war die Straße gepflastert aber eng, und jeder Karren bedeutete mehr Staub, mehr Glockengeläut und noch mehr Karren vor uns. Wir fuhren gen Osten, und nun begann es allmählich zu dämmern, noch undeutlich, sanft und schattenlos. Es wurde kein klarer, heller Sonnenaufgang mit glitzerndem Tau, sondern ein Morgen, der wie beschwert von der kommenden Hitze war. Und doch, wie herrlich war er! In weiter Ferne standen die Berge, sie waren noch nicht sichtbar, aber man konnte sie spüren: unermesslich, kühl und zeitlos.

Die Straße lief durch alle möglichen Ortschaften, manche sauber, ordentlich und gut gehalten, andere schmutzig und verkommen, in hoffnungsloser Armut und Erniedrigung. Männer gingen auf die Felder, Frauen zu dem Brunnen, und die Kinder lärmten und lachten auf der Straße. Meilenweit erstreckten sich Regierungsfarmen mit Traktoren, Fischteichen und landwirtschaftlichen Versuchsschulen. Ein ganz neues, großes Automobil mit wohlgenährten, reichen Leuten kam an uns vorbei. Die Berge waren noch in weiter Ferne, und die Erde sah fruchtbar aus. An verschiedenen Stellen führte unser Weg durch ein trockenes Flussbett, wo es keine Straße mehr gab, aber die Autobusse und Karren hatten einen Weg herüber gebahnt. Grüne und rote Papageien lockten einander auf ihrem Zick-Zack-Flug; wir sahen auch kleinere, goldgrüne Vögel und weiße Reisvögel.

Jetzt verließ unsere Straße die Ebene und begann anzusteigen. Im Vorgebirge wurde der dichte Pflanzenwuchs mit enormen Maschinen ausgerodet und fortgeschafft, und meilenweit war man dabei, Obstbäume anzupflanzen. Unser Auto stieg immer höher, und die Hügel wurden zu Bergen, die mit Kastanien und Kiefern bedeckt waren – mit schlanken, hohen Kiefern und Kastanienbäumen in voller Blüte. Jetzt eröffnete sich eine Aussicht: unter uns erstreckten sich unermesslich weit die Täler, und vor uns lagen schneebedeckte Berggipfel.

Schließlich kamen wir auf der Höhe des Aufstiegs um eine Wegbiegung, und da standen die Berge, klar und blendend! Sie waren noch hundert Kilometer entfernt, und ein breites, blaues Tal lag zwischen ihnen und uns. Sie erfüllten den Horizont von einem Ende zum andern und erstreckten sich weit über dreihundert Kilometer; und wenn man den Kopf seitwärts wandte, konnte man sie in ihrer ganzen Ausdehnung sehen. Es war ein wunderbarer Anblick. Die trennenden hundert Kilometer schienen zu verschwinden, und man spürte nur die große Kraft und Einsamkeit. Die Berggipfel, von denen manche über achttausend Meter aufstiegen, trugen göttliche Namen, denn dort sollten die Götter leben; und aus weiter Ferne pilgerten Menschen zu ihnen, um sie anzubeten und hier zu sterben.

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Er sagte, er sei im Ausland erzogen worden und habe eine gute Stellung bei der Regierung gehabt; aber vor mehr als zwanzig Jahren habe er sich entschlossen, nicht nur seine Stellung, sondern auch alle weltlichen Dinge aufzugeben, um den Rest seines Lebens in religiöser Betrachtung zu verbringen.

»Ich habe mich in verschiedenen Methoden des Meditierens geübt«, fuhr er fort, »bis ich vollkommene Kontrolle über meine Gedanken hatte; das hat gewisse Kräfte wie auch große Selbstbeherrschung mit sich gebracht. Neulich nahm mich ein Freund zu einem Ihrer Vorträge mit, bei dem Sie eine Frage über Meditieren beantworteten, Sie sagten, Meditation, wie sie im allgemeinen ausgeübt werde, sei eine Art Selbsthypnose, die Ausbildung unserer selbst-ersonnenen, wenn auch noch so veredelten Wünsche. Das hat mich als so wahr getroffen, dass ich um dieses Gespräch mit Ihnen ersucht habe, und in Anbetracht der Tatsache, dass ich mein Leben religiöser Betrachtung geweiht habe, hoffe ich, dass wir sehr gründlich darauf eingehen können.«

»Ich würde gern damit anfangen, den Lauf meiner Entwicklung etwas näher zu beschreiben. Aus allem, was ich gelesen hatte, schloss ich, dass es nötig sei, meine Gedanken vollkommen zu beherrschen. Das war außerordentlich schwer für mich. Sich auf amtliche Arbeit zu konzentrieren, ist etwas so ganz anderes als den Verstand zu festigen und seinen gesamten Denkvorgang einzuspannen. Die Bücher lehrten, man solle die Zügel seines beherrschten Denkens vollkommen in der Hand haben. Man könne sein Denken nicht schärfen und die vielen Illusionen durchdringen, ehe es nicht unter Kontrolle und Leitung sei. Das wurde also meine erste Aufgabe.«